Für Astro-Fans1 ist der Begriff „Corona“ positiv besetzt, denn er meint seit Alters her den Strahlenkranz der Sonne, besonders eindrucksvoll sichtbar bei einer totalen Finsternis. Ab diesem Frühjahr, nach einem „warmen“ Winter, ist alles anders. So auch der Vortrag in der Buchholz zum Tag der Astronomie– keimfrei als PDF für die häusliche Abgeschiedenheit, allgemeinverständlich für Jung und Alt und hoffentlich so anregend, dass in besseren Zeiten die (wenigen) „Astronächte“ in der Zukunftswerkstatt wieder gern besucht werden.

Als speziellen Service der gibt es nunmehr regelmäßig in der „dunkleren“ Jahreszeit einen Blick in den Nachthimmel: Die Sternwarte der Buchholzer Gymnasien, z.Zt. betrieben von der Astro-AG des AEG von Martin Falk und Stefan Naler, nutzt eine neue Super-Kamera: die freundliche Spende der Adalbert-Zajadac-Stiftung erleichtert den nachtaktiven Schul-Astronomen nicht nur die Arbeit am Teleskop. Die Beobachtungsergebnisse können dann sogar „live“ bzw. unverzüglich dem Freundeskreis der Zukunftswerkstatt über deren Website zur Verfügung gestellt werden. Die Premiere sollte am kommenden internationalen Astronomie-Tag sein – bei passendem Wetter.

Nun aber zu den Themen der Sternenstunde:

Der schon beklagte unfreundliche Winter hatte astronomisch betrachtet dennoch ein „Highlight“, das es sogar in die Tagesschau geschafft hat. In diesen sog. „Krisenzeiten“ also etwas „Hippes“!

Der Hype um „Beteigeuze“ hier erklärt: Wer am klaren Winternachthimmel das Sternbild Orion nicht (er)kennt, (wird wohl auch nicht zu den Lesern hier gehören), sollte dringend Augen und Achtsamkeit prüfen. Der Ursprung des mythischen Jägers muss hier übersprungen werden bis ins 17.Jahrhundert. 1603 veröffentlichte Johann Bayer einen exakten und zugleich ästhetischen Sternatlas, dessen Bilder

  • Gemeint sind Frauen und Männer, Mädchen und Jungen und wer noch für eine einfache Lesbarkeit

bis heute als Illustration des Himmels dienen. Hier der Orion (für den ganzen „Großen Hund“ mit Sirius als zugleich hellster Stern des Himmels reicht der Platz nicht– unten links):

Die prägnanten drei Gürtelsterne und die drei (diffusen) Mehrfach-Sterne des Schwertes sind der Tummelplatz der Amateurastronomie wegen der prächtigen „Nebel“, die sich als „nahe“-1600 Lichtjahre entfernte Gebiete der Sternentstehung entpuppt haben. Hier zwei Bilder aus dem Archiv der Astro-AG:Allen Astro-Fans ist nunmehr seit langem bekannt, dass „Beteigeuze“, der Haupt(Schulter)stern des Orion – historisch verwechselt mit dem etwas helleren „Rigel“ (rechter Fußstern) – als roter „Riese“ von 1400-fachem Sonnendurchmesser, eine besondere Zukunft hat: das Ende naht als Supernova, so hell wie der Vollmond, als Punkt am Himmel, also schmerzhaft für die Augen, aber atemberaubend – denn seit rund 400 Jahren warten alle Astronomen auf solch ein Ereignis in unserer Galaxie.

Zur Überraschung des astronomischen Fußvolkes passierte Anfang Dezember aber das Gegenteil: Beteigeuze wurde täglich lichtschwächer! Zum Glück für die norddeutschen Astro-Fans gab es auch mal eine Wolkenlücke, so dass der „Vorgang“ gemessen werden konnte:

 

Technische Anmerkung: Wenn man das einfallende Licht des jeweiligen Sterns mit den Werten der belichteten Pixel eines Foto-Sensors in Beziehung setzt, kann man aus der Helligkeit der Pixel eines bekannten Sterns die jeweilige Helligkeit(sänderung) des „gesuchten“ Sterns recht genau vermessen: Ergebnis >> Beteigeuze verlor den 2.5-fachen Wert (1mag) seiner/ihrer Helligkeit in einem Monat!!

Da so etwas noch nie – in dieser Stärke – beobachtet wurde, schossen die Spekulationen ins Kraut. Zum „Mitspekulieren“ muss man wissen, dass Sterne, (bis auf die berühmten „Veränderlichen“: spez.

Doppelsterne; Pulsierende; Flare-Sterne …) stets mit gleicher Leuchtkraft über lange Zeiträume strahlen – große Sterne Millionen-, kleinere Milliardenjahre. Gegen Ende ihrer „Lebensdauer“ zeigen alle Sterne ein bestimmtes „Flackern“ der Helligkeit aufgrund der Fusionsreaktionen und Auswirkungen der Schwerkraft in ihrem Innenleben: sie werden instabil. Bei den riesigen Ausmaßen ist das „Flackern“ gemächlich und zunächst gering, aber dann! Bei Beteigeuze wurden geringe Leuchtkraftschwankungen seit Jahrzehnten genau beobachtet in der Erwartung der Todesexplosion; mit dem Hubble-Teleskop konnte sogar eine „Beule“ fotografiert werden:

Aber für eine Verdunklung spricht daher eine Volumenvergrößerung!, denn dann nähme die Leuchtkraft/Temperatur ab, oder ein „Ausgasen“ von Staub, der sich in den Lichtweg zur Erde schiebt.

Alles passiert in sicherer – rund 650LJ – Entfernung, bzw. vor ~650 Jahren und irgendwie gleichzeitig. Zu Zeit gehen die Fachastronomen also von folgendem Szenario für die Verdunklung aus:

Auf Beteigeuzes „Oberfläche“ zeigen sich riesige „Sonnenflecken“, bzw. Areale mit großen (1000Kelvin) Unterschieden der Temperatur. Mit den 66 Radioteleskopen der Europäischen Südsternwarte in der Atacama-Wüste gelang ein „Bild“ der deformierten Oberfläche in höchster bisher erreichter Auflösung. Daneben zeigt das rechte Bild die Ausmaße der „Staubschichten“, deren Infrarotstrahlung nur sichtbar wird, wenn man die eigentliche „Sternscheibe“ mit einer Maske im Teleskop abdeckt. Was nun gigantischer ist, darf jeder selbst ermessen!

Alle genaueren Erklärungen für die erwartete Supernova erfordern das Fachwissen der Supernova- Spezialisten, die mühselig an Supercomputern die komplizierten Abläufe beim „Sekunden-Tod“ eines massereichen Sterns modellieren: bei Beteigeuze hat’s noch Zeit und die Erde ist sicher vor dem Ansturm tödlicher Gammastrahlen, die allerdings im Umkreis von 50-100 LJ allen bekannten

Lebensformen ein Ende setzen würde. (Was zugleich bedeutet, dass der Erde in den letzten 100Mill. Jahren keine gefährliche Supernova in die Quere kam.) Danach bleibt der heißeste Kandidat in unserer galaktischen Nachbarschaft immer noch Beteigeuze, aber wann uns das Schauspiel geboten wird, steht weiterhin in den Sternen – demnächst in 10-100.000 Jahren. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass wir es erleben. Aber wenn, dann – die Supernova Typ II2:

Bei einem Stern von ca. 8 Sonnenmassen hat sich ein Eisenkern gebildet, der keine weitere Fusionsreaktionen zulässt, also keinen Gasdruck mehr produziert. Innerhalb einer Sekunde kollabiert der Kern zu einer entarteten Materiekugel von 20km Durchmesser, die Elektronen der Eisenatome werden dabei in die Protonen gedrückt und auf den somit entstandenen „Neutronenstern“ prallt das einstürzende Restmaterial des äußeren Sterns. Die Gravitation sorgt für eine ungeheure Fallbeschleunigung und am Neutronensternkern kehrt alles um und wird nach außen gelenkt. Der besagte Supercomputer kann die Stoßwellen, Neutrinoströme und Schockwellen schön berechnen, für das menschliche Auge zuckt es nur: der Riese ist zerrissen in einem gigantischen Lichtblitz, der eine ganze Galaxie überstrahlt.

Der „Sternenstaub“, aus dem auch wir vom Vorgänger unserer Sonne bestehen, leuchtet noch einige 100 Jahre auf seinem Weg ins All, bis sich das Gas-Staubgemisch auf zig Lichtjahre im Durchmesser so verdünnt hat, dass die Temperatur nur noch ~10 Kelvin hat. Dann kann eine Druckwelle einer anderen Explosion das verbleibende Material wieder zusammentreiben und die Gravitation formt daraus vielleicht eine neue, natürlich kleinere Sonne.

Den Sternentod überlebt bestenfalls nur der Neutronenstern-Kern, der den Drehimpuls des Sterns vor der Supernova beibehalten hat. Einige dieser „Todessterne“ machen sich als „Pulsare“ bemerkbar, wenn ihre Drehachse so orientiert ist, dass ein Strahlungskegel entlang der Magnetfeldlinien die Erde trifft. Noch aufregender wird die Geschichte, wenn der sterbende Stern noch massereicher ist, denn dann droht dem Restkern das „beliebte“ „Schwarze Loch“ stellarer Art. Die Berechnungen ergeben, dass die Restmasse des „Kerns“ größer als 3 Sonnenmassen sein muss. Als „Faustformel“ gilt daher ein „stellares Schwarze Loch“ als das Ende aller Riesensterne mit mehr als 8-10 Sonnenmassen.

Damit wären wir beim zweiten Hype des letzten Jahres. Hier nun als wissenschaftlicher Triumph. Bisher wurde dem interessierten Laien mit Hilfe weniger verständlicher Formeln gezeigt, dass es sie geben muss – die Monster-Löcher, schwarz und schwer. Seit April 2019 kann man ein berühmtes Exemplar auch sehen, allerdings nur als Schatten. Hier die Vor-Geschichte des Fotos:

In der zentralen Galaxie unseres galaktischen Superhaufens können selbst Amateurastronomen einen Strahlungsausbruch erkennen, dessen Erklärung nur mit der Existenz eines gigantischen Schwarzen Lochs einhergeht. Mit Superhaufen ist gemeint, dass unsere „Milchstraße“ und die Andromeda-Galaxie, Hauptmitglieder der sog. „Lokalen Gruppe“, auf das Zentrum der nächst größeren Gruppe zustreben.

Dieses Zentrum liegt hinter dem Sternbild „Jungfrau“(lat.: Virgo) in einer Distanz von 55Mill.Lichtjahren. Dort „zieht“ eine Riesengalaxie namens Messier87 oder Virgo A gravitativ an allen „Teilnehmern“.

Der „Zug“ ist messbar und äußert sich als „Dopplergeschwindigkeit“ im verschobenen Linienspektrum der Strahlung. Die Messung ist so glaubwürdig wie die einer Radar“falle“ und von Navigationssatelliten. Da solche Spektralanalysen heute auch Amateuren ermöglicht sind, sollte man auch mit minimalen mathematischen Überlegungen sich dem besagtem „Loch“ „nähern“. Vom Hörensagen weiß man, dass es gefräßig sein soll und dann sähe es „aus der Nähe“ so aus:

Der unbekannte Illustrator im NASA-Auftrag hat sich bemüht, alle bekannten Phänomene zu zeigen: Durch Reibung aufgeheizte Materie „aus dem Umfeld“ spiraliert so lange um das Schwerkraftmonster, bis es den Schwarzschildradius Rs bzw. Ereignishorizont überschreitet und das Licht, erzeugt von der Reibungshitze, keine Chance mehr hat, in alle Richtungen zu strahlen – es wird dunkel. Man sieht

  • Für die berühmten „Standardkerzen“ Supernovae Typ Ia muss das Internet weiterhelfen

je nach Blickwinkel, dass Licht hinter dem Rs – durch den gekrümmten Raum um den Rs – in Richtung Betrachter gelangt – mehr nach oben gebogen, weil er sich etwas oberhalb der „Scheibe“ befindet.

Ein passendes Bild für die Kurzformel der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein: Die Masse sagt dem Raum (besser der Raumzeit), wie er sich krümmen soll, und die Krümmung sagt der Masse, wie sie sich bewegen soll.

Karl Schwarzschild hatte schon 1916 (in einer Mußestunde mitten im 1. Weltkrieg!) die Auswirkungen der Massenkrümmung berechnet. (Seine Ruhmestat überlebte er nur wenige Tage.)

Die „Fluchtgeschwindigkeit“ des Lichts c = 300.000km/sek trennt am Ereignishorizont Hell von Dunkel. Daher schafft es schon Keplers Spezialfall für die Bewegung kleiner Körper um Großes (3. Gesetz) des Gravitationsgesetzes von Newton, dass man die Formel für das kl. oder gr. „Schwarze“ (vereinfacht) nachvollziehen kann: Rs ist gleich (der Masse) M x 2G (Gravitationskonstante) geteilt durch c².

Die quadrierte Lichtgeschwindigkeit c teilt z.B. die riesige Sonnenmasse von 2×10^30kg zu handlichen 3 Km, für die Erde käme ein Rs von 0.9cm heraus. Umgekehrt lässt sich so aus der Geschwindigkeit v eines Körpers am Rand des Ereignishorizontes die Masse des Schwarzen Lochs ableiten. Daher wissen die Fachleute schon lange aus den Bewegungsdaten der Sterne, die unser Galaxienzentrum umschwirren, dass sich dort ein Monster von 4Mill. Sonnenmassen!! verbirgt, aber leider hinter einer Staubwolke. Infrarotkameras können sie zum Glück durchdringen – für diese Grafik:

Von dem Superloch in M87 kennt man auch ziemlich genau die Masse – 6Mrd. Msonne!! – und zu sehen gibt es auch mit kleineren Teleskopen schon ziemlich viel:

Das Hubble-Teleskop außerhalb der Erdatmosphäre hatte schon frühzeitig ein genaueres Bild erzielt, da die umgangene Luftunruhe alle Details plastischer erscheinen lässt: die Auflösung ist nur noch vom Spiegeldurchmesser abhängig, der aber „nur“ ~2.4Meter beträgt:

Der komplizierte Vorgang, der zu dem Jet führt, muss hier vernachlässigt werden, denn rotierende Schwarze Löcher mit verdrillten Magnetfeldlinien und Synchrotronstrahlung sprengen den Verstand von Amateuren. Jedoch sind sie ein sicheres Anzeichen für das Werk gigantischer Kräfte. Eine Punktquelle als eine kleine Scheibe abzubilden, gelingt zwar mit einem technischen Trick der Zusammenschaltung des Lichtweges mehrerer Teleskope. Aber auch die vier 8-Meter-Teleskope der ESO sahen kein „Loch“. Dann schlug die Stunde der Radioastronomen: Theoretisch „sieht“ ein Teleskop mit 12.000Km Durchmesser ein „Loch“ mit Rs = 10Bill. Km in ~ 55Mill.LJ Entfernung!! ziemlich gut aufgelöst.

(Wie weit und genau man „gucken“ kann, gehört zu den ersten Übungen eines Astro-Fans!)

Aber leider haben die größten Radioteleskop-Anlagen nur jeweils ein paar Kilometer Durchmesser. Nun schlug die Stunde der Informatiker: was wäre wenn viele Radioteleskope verteilt über die ganze Hemisphäre der Erdkugel gleichzeitig die Radiostrahlung der Quelle aufnehmen und die Daten (interferometrisch) „verrechnet“ werden? „Gesagt-getan“ dauerte hier rund 2 Jahre.

Hier zunächst die „verbundenen“ Teleskope:

Für einen vergleichsweise kurzen Moment ist von allen Positionen auf der Erde die Galaxie M87 im Virgo-Haufen gleichzeitig zu sehen bzw. zu vermessen. Für die nördlichen Teleskope muss bei dem relativ Horizont-nahen Objekt auch noch die Tageszeit stimmen, um Störsignal-Reflexionen von der Erde zu vermeiden. (Radioastronomen hassen die gegen Abend eingeschalteten Mikrowellen-Öfen der Fast-Food-Gesellschaft). Für die Südhalbkugel mussten die Herbststürme mitspielen, denn bei uns steht Virgo im Frühjahr gegen Mitternacht in bester Position. Am 10.April 2019 war es dann soweit: von den rund 200 beteiligten Wissenschaftlern traten die „Gruppenführer“ vor die internationale Presse und präsentierten ihr „Puzzle“:

Was man sieht, ist der Schatten des Schwarzschildradius (~10Bill.km =~ 1LJ) vor dem leuchtenden Kern der Galaxie, der aus alten, chaotisch um das Zentrum rotierenden Sternen besteht. Die Strahlung hat die Wellenlänge des Infrarotbereichs, für das menschliche Auge nicht sichtbar, aber ideal für Radioteleskope. „Doch wie’s da drinnen aussieht, geht niemand was an.“ (aus „Land des Lächelns“, berühmte Operette von F. Lehar, der weder von Schwarzen Löchern noch Corona wusste.) Für eine weiterführende Lektüre wären zunächst die Webseiten der Institute zu empfehlen. Weitere Empfehlungen (das Fettgedruckte) machen den Lesern gewinnbringende Arbeit. Ich freue mich über Fragen und Anregungen und gebe gern Auskunft. (Bildnachweise: im Text angegeben oder von mir.) Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund bis zum nächsten Mal, dann hoffentlich mit Live-Bild